Heinrich Raspe, Illustration aus: Chronik der Sachsen und Thüringer von Georg Spalatin








Die Heilige Elisabeth und Hermann von Salza [12]


Ausgewählte Beiträge zum Leben Hermann von Salzas - Teil XXI

"Als Landgraf Ludwig von Thüringen, der auch Fürst von Hessen und Sachsen war, alle seine Angelegenheiten gut geordnet hatte, reiste er wohlgemut und freudig aus seinen Ländern fort. Aus Liebe zu unserem Herren Jesus Christus zog er in das fremde Land, um für dieses Verdienst einst in das himmlische Vaterland zu kommen. Friedfertig zog er durch Franken, Schwaben, Bayern, über die Alpen, durch die Lombardei und die Toskana, bis er nach Sizilien gelangte. Dort empfing ihn Kaiser Friedrich mit ungezähmter Freude in der Stadt Troja." So beschreibt der bereits öfters zitierte Dietrich von Apolda die Reise des Gemahls der Elisabeth nach Italien. Für die damalige Zeit gehörte auch Süditalien zum Königreich Sizilien und die Stadt Troja (Troia) bei Foggia liegt etwa 320 km südöstlich von Rom. "Gemeinsam mit dem Kaiser ritt er [der Landgraf] in die Stadt Brindisi weiter. … Leider aber befiehl den durchlauchtigen Fürsten Landgraf Ludwig eine Krankheit. Der Kaiser und der Landgraf bestiegen jeweils ihr Boot. Nachdem sie sich mit ihrem Gebet unserem Herrn Jesus Christus anvertraut hatten, verließen sie Brindisi und liefen Otranto an. … Da verschlimmerte sich die Krankheit des Landgrafen, und er wurde bettlägerig. Als er nun erkannte, daß sein Tod nahte, ließ er den Patriarchen von Jerusalem zu sich kommen, der ihm die letzte Ölung geben sollte. … Er verschied in unserem Herren Jesus Christus am 11. September." So weit die "Vita der heiligen Elisabeth des Dietrich von Apolda" in einer Fassung des Insel Verlages.

Am 29. September 1227 gebar die Thüringische Landgräfin ihre Tochter Gertrude. Da wusste Elisabeth sicher noch nichts vom Tode ihres geliebten Gemahls. Sie wird es sicher erst Mitte Oktober erfahren haben, denn von Otranto Lecce an der "Stiefelsohle" Italiens bis nach Eisenach sind es über 1800 km. Wie und wann genau die traurige Kunde nach Thüringen an den Landgrafenhof kam, kann nur erahnt werden. Beim Besuch der Creutzburg bei Eisenach in diesem Sommer fiel mir ein Roman in die Hände, darin fand ich eine sehr eindrucksvolle Darstellung dieses Ereignisses.

"Hohl echote ein Ruf von den Mauern ringsum, dann das Knallen eisenbeschlagener Stiefel, als einige Männer in schmutzigen Waffenröcken aus der Tür traten, an ihrer Spitze Friedrich von Treffurt, dessen blondes Haar grau war vom Staub der Reise. … In ehrfürchtiger Entfernung beugten die Männer das Knie und den Nacken, nur der Treffurter hob den Kopf wieder. >> Gott zum Gruß, Heinrich Raspe <<, begann er. >> Bruder meines Herrn, der Ihr auch mein Herr seid. Ich bringe traurige Kunde. Graf Ludwig … << >> … ist gefallen <<, murmelte Heinrich. Der Reisige senkte den Blick zu Boden. >> Nicht gefallen, mein Graf. Eine Seuche befiel das Heer bei der Abfahrt von Otranto. Unser Schiff mußte umkehren, denn die Krankheit verbreitete sich nicht nur unter den Reisigen, sondern griff auch nach Graf Ludwig, und suchte sogar Friedrich, den stets erhabenen Kaiser, heim. Wir brachten den Kranken zurück nach Otranto, wo der tapfere Ludwig unter vielen Leiden, aber getröstet durch die heilige Salbung verschied. <<" So beschreibt Iris Kammerer in ihrem Roman "Der Pfaffenkönig", erschienen im Aufbau Taschenbuch Verlag, das Ereignis vom 11. September 1227, dem Schicksalstag Thüringens.

In den Regesta Imperii Nr. 1710 wird über dieses Ereignis auch berichtet: "Friedrich II. ertheilt dem Hermann sohn des (am 11. sept. dahier) verstorbenen Ludwigs landgrafen von Thüringen und pfalzgrafen von Sachsen, in erinnerung der löblichen dienstleistungen seines vaters, die eventualbelehnung mit der markgrafschaft Meissen auf den Tod des markgrafen Heinrich von Meissen, wenn dieser minderjährig sterben sollte. … ." Unter den Zeugen neben dem Patriarch von Jerusalem, den Erzbischöfen von Reggio und Bari, dem Bischof von Akkon auch "br. H. Deutschordensmeister", … . Da alle anderen wichtigen Dinge, die bei einem möglichen Tod Landgraf Ludwig IV. vor seiner Abreise nach Italien von ihm bereits festgelegt worden waren, muss die 1226 vom Kaiser für Ludwig ausgesprochene Eventualbelehnung mit der Mark Meissen eine besondere Bedeutung gehabt haben. Sicher auf Anregung Hermann von Salzas, der in diesen Tagen beim Kaiser war, wurde diese Belehnung am Totenbett des Landgrafen auf den Sohn des Ludwigs und der Elisabeth, dem gerade fünfjährigen, noch unmündigen Hermann übertragen. Der verstorbene Landgraf Ludwig hatte kurz vor seinem Tode, zu seinem Seelenheil dem Deutschen Orden 960 Mark geschenkt. Das beweist auch die Anwesenheit des Hochmeisters am Krankenbett des Landgrafen. Diese Schenkung war bis zum 17. September 1230 aber nicht erfolgt. Es gibt von diesem Tag eine Urkunde des Papstes Gregor IX. aus Anagni, in der dieser den Landgrafen Heinrich Raspe zur Zahlung dieser Summe an den Deutschen Orden mahnte. Der Tod Ludwigs muss also ein ziemliches Chaos ausgelöst haben. Der Hochmeister konnte sich selbst nicht weiter darum kümmern. Der Kaiser hatte ihn mit dem restlichen Kreuzheer nach Akkon geschickt. Von dort war er auch erst Mitte des Jahres 1229 nach Italien zurückgekehrt.

Iris Kammerer hat in dem bereits erwähnten Roman "Der Pfaffenkönig" ein für mich neues Lebensbild des Heinrich Raspe, des Schwagers der Heiligen Elisabeth beschrieben. Sie findet ein wesentlich innigeres Verhältnis der beiden fürstlichen Verwandten, wobei die Zuneigung des jungen Heinrich zur Schwägerin von der Elisabeth keinesfalls erwidert wurde. Es hat eher den Anschein, dass das überstürzte Verlassen der Wartburg wohl mehr eine Flucht als ein Rauswurf war. Auch auf der Internet-Seite Elisabethforum.de schreibt Helmut Zenz: "Bis 1888 nahm man auf Grund des Zeugnisses von Dienern der Elisabeth im Prozeß der Kanonisation an, dieser [Heinrich Raspe] habe Elisabeth von der Wartburg vertrieben ihr die Witwengüter entzogen. Um 1888 "asserted" (attestieren) verschiedene "investigators" (Erforscher) , … daß Elisabeth die Wartburg freiwillig verließ, weil sie ihr Leben auf der Burg nicht so führen konnte, wie sie es für moralisch richtig hielt." Doch bereits Dietrich von Apolda schildert Heinrich Raspe als gefühlvollen Menschen, der nach der Ansprache durch Ludwigs Getreuen, Rudolf von Vargula, sich von dessen Rede beeindruckt zeigte und heftig zu weinen begann. "Mir tut es leid, daß dies geschehen ist", erwiderte er. "Um vor ihren Augen Gnade zu finden, werde ich tun was meine Schwester Elisabeth verlangt. Mit allem, was in meiner Macht steht, will ich ihre Wünsche erfüllen."

Schließlich endete diese Flucht Elisabeths in dem Entsagungsgelübde am Karfreitag 1228. Darüber und zu weiteren Stationen ihres kurzen Lebens berichtet der nächste Teil.

Zu dem veröffentlichten Bild ein kurzer Hinweis. Auf der Seite spalatin.informatik.uni-wuerzburg.de fand ich im Dezember 2007 auf der Suche nach Hinweisen zum Leben Heinrich Raspes, diese mir unbekannte Chronik mit Bildern aus der Werkstatt Lucas Cranach d. Ä., die sich in der Landesbibliothek Coburg befindet und auf www.franconica-online.de erschienen ist.

Dieter Deubner

Bad Langensalza 1. Februar 2008


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